TEAM GAZA

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Photo: duncan c, CC BY-NC 2.0

Eine Lektion aus dem Fußball

Viel wurde in letzter Zeit über Fußball gesprochen. Hier posieren Özil und Gündogan mit einem der größten Despoten der Gegenwart, dort haben Messi und Co. Angst um sich und ihre  Familien, sodass ein Jibril Rajoub, seines Zeichens Terrorist und in einem Gefangenenaustausch freigepresst, zusammen mit der »Kauft nicht beim Juden«-BDS Bewegung die Absage eines Freundschaftsspiels zwischen Israel und Argentinien feiern, als hätten sie jetzt schon die Weltmeisterschaft gewonnen, die in den nächsten Tagen in Russland beginnen wird.

Auch wenn man es nicht wahrhaben will, der Fußball hatte schon immer auch eine politische Komponente. Nur wenige wissen zum Beispiel, dass die deutsch-israelischen Sportbeziehungen aufgrund des Fußballs schon existierten, lange ehe die beiden Staaten miteinander diplomatische Beziehungen aufgenommen hatten.

Im Fußball, wie auch in sehr vielen anderen Bereichen, wird der Erfolg der Anführer am Erfolg der Mannschaft gemessen. Je erfolgreicher eine Mannschaft spielt, desto zufriedener sind ihre Anhänger mit dem Trainer und dem Management. Erlebt eine Mannschaft eine Niederlage nach der anderen, werden die Rufe nach dem Rauswurf des Trainers lauter und lauter. Er ist derjenige, der als erstes in die Verantwortung genommen wird. Er bestimmt den Trainingsplan, stellt die Mannschaft auf, bestimmt die Taktik. Von ihm erwartet man, seine Mannschaft zum Erfolg zu führen. In der Regel weiß man, dass ein Trainer demnächst seinen Hut nehmen kann, wenn das Präsidium ihm offiziell und vor Presse sein Vertrauen ausspricht. Denn im Fußball werden schlechte Trainer tatsächlich gefeuert! Schließlich geht es um Geld. Um viel Geld. Und ist eine Mannschaft auf dem absteigenden Ast, fließen die Gelder nicht mehr. Geld ist allerdings einer der Hauptmotivatoren im Profifußball, nicht nur für die Spieler.

Machen wir jetzt einen kleinen Schlenker. Nach Gaza.

Im Jahre 2007 wurde die Hamas zum Trainer gemacht. Mit dem Auftrag, Gaza zum Erfolg zu führen. Die Hamas trainiert Gaza nun also seit elf Jahren. Zwar nicht im Fußball, sondern im Entführen und Töten von Menschen, aber darum geht es mir jetzt weniger. Vielmehr darum, dass die Hamas aus Gaza eine blühende Oase am Mittelmeer hätte machen können. Die Infrastruktur war da. Die Gewächshäuser und Plantagen, also die Ausrüstung, hatte Team Gaza. Aus der ganzen Welt flossen Unmengen an Geldern in die Mannschaft. Aber Hamas brachte nichts als Unglück, Zerstörung und Tod.

Und wer ist in den Augen der UNO, der EU, BDS etc. jetzt für den Untergang von Gaza in erster Linie verantwortlich? Der Trainer? Die Hamas? Aber nein! Der fiese Nachbar!

Anstatt die Hamas für ihre schlechte Leistung gegenüber dem eigenen Volk zur Verantwortung zu ziehen, fließen noch mehr Aufmerksamkeit, Sympathien und vor allem Gelder nach Gaza. Gelder, die die Hamas fleißig investiert. Zwar nicht in den Aufbau Gaza, sondern den Tiefbau Gaza, denn der Zement in den UNWRA-Säcken findet tatsächlich Verwendung: in hunderten von Tunneln und Bunkern für – den Trainerstab. Dummerweise hinkt der Vergleich. Gaza ist eben nicht Fußball. Dort leiden und sterben Menschen und es ist weder Spaß noch Spiel!

Aber das ändert nichts daran, dass die Welt die Hamas wieder und wieder für den Verrat an ihrer eigenen Bevölkerung belohnt. Als würde man alles tun um zu verhindern, dass die Bevölkerung, also das Team, wagen könnte, sich gegen den Trainer zu stellen. Gegen einen Trainer, der nichts anderes für das Team erreicht hat als den Abstieg in die unterste Kreisliga. Der sich die gesamten Gelder in die Taschen gesteckt und für seine eigenen Zwecke unterschlagen hat und die Spieler ohne jegliche Ausrüstung und barfuß in die Zweikämpfe schickt.

Was hat die Hamas mit der Ausrüstung gemacht, die die Israelis hinterlassen hatten?
Sie abgefackelt!

Was hat die Hamas mit den Geldern gemacht, die die Welt seit über einem Jahrzehnt in Team Gaza pumpt?
Sie eingesackt!

Und mit welcher Taktik?
Alle Mann nach vorn, Frauen und Kinder bitte zuerst, prescht und drückt gegen den Zaun, rennt in die Kugeln und fischt die Raketen bitte ohne Handschuhe von den Hausdächern!

Anstatt eine Infrastruktur aufzubauen, Arbeitsplätze zu schaffen, eine Autonomie herzustellen, Solar- oder Entsalzungsanlagen zu bauen oder zu erwerben, beschwert man sich darüber, dass Israel Stromleitungen nicht schnell genug repariert, die man selbst mit Raketen, in die man lieber investiert als in die Bevölkerung, zerschossen hat.

Hamas regiert in einem unbesetzten Gaza, wird finanziert aus allen Ecken dieser Welt, aber man macht Israel für die Zustände in Gaza verantwortlich. Hamas bestiehlt die eigene Bevölkerung, nutzt deren Schulen und Krankenhäuser als Waffenlager und die Menschen selbst als Schutzschild. Und mit jedem Todesopfer fließen wieder Gelder. Das Rad dreht sich weiter und weiter und weiter, weil die Welt es pausenlos anschiebt.

Hamas weiß das. Und bricht deshalb, jedes Mal, wenn es drinnen brodelt, draußen einen Krieg vom Zaun. Einen Krieg, den die Hamas gleich auf zwei Fronten gewinnt. Denn sobald Israel auf die ständigen Angriffe aus Gaza reagiert, stellt in Gaza selbst keiner mehr die Frage nach der Legitimität ihres Trainers. Enden die Auseinandersetzungen, sind das Leid und die Toten schnell vergessen und Hamas lässt sich in Gaza als den Bezwinger des Drachen feiern. Auf der anderen Seite steigert jeder Tote, den die Hamas der Welt präsentieren kann, die Summen, die in den Aufbau fließen, der nicht stattfinden wird.

Das Prinzip hat 2008/2009 funktioniert, 2012 und 2014, und es funktioniert auch jetzt, bei den Demonstrationen des Terrors an der Grenze zwischen Gaza und Israel. Je mehr Misserfolg die Hamas präsentiert, desto mehr wird sie dafür belohnt.

Die wochenlangen Ausschreitungen am Zaun sind nichts anderes als eine erfolgversprechende Taktik. Nur handelt es sich bei dem Erfolg eben nicht um einen der Bevölkerung, sondern um den der Hamas. Dass die leidende Bevölkerung in Gaza, die schon bei der kleinsten Form des Widerstandes damit rechnen muss, als Kollaborateur exekutiert und an einem Motorrad über den Markplatz geschliffen zu werden, diese Zusammenhänge nicht begreift oder sich nicht traut, den Kreis zu durchbrechen, ist verständlich. Aber was bitte passiert in den Köpfen des Rests der Welt?

Ich will keinem vorwerfen, nicht genug abartige Phantasie zu haben, um die Handlungsweise der Hamas als das zu verstehen, was sie ist. Eine Investition von billigen Menschenleben in ein Milliardenunternehmen. Wer will schon einsehen, dass die Hamas ihr Unternehmen mit Blut der eigenen Bevölkerung tankt, so wie unsereins sein Auto mit Benzin?

Aber Gaza ist nicht London oder Paris, New York oder Berlin. Und die Hamas ist nicht die Art der politischen Führung, wie wir sie aus unserem Leben so kennen. Krieg ist auch kein Fußballspiel, und die Hamas hat keinen Respekt vor menschlichem Leben. Vielmehr sieht sie im Verlust menschlichen Lebens eine immerwährende Geldquelle zur Finanzierung ihres heiligen Krieges. Dabei sehen sich weite Teile der Bevölkerung nicht als Kanonenfutter, sondern als Märtyrer.

Für viele Menschen mag all dies undenkbar sein. Die Hamas fortwährend dafür zu belohnen, dass sie ihre eigenen Leute in den Tod schickt, und auch noch Israel dafür verantwortlich zu machen – das ist undenkbar für mich.

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Über den Autor / die Autorin

Alexandra Margalith

Alexandra Margalith hat in München Rechtswissenschaften studiert, ist in Israel als Anwältin und Notarin zugelassen und hat sich in einer Kanzlei in Tel-Aviv mehr als 13 Jahre intensiv mit deutsch-israelischen Wirtschafts- und Rechtsbeziehungen befasst, davon 7 Jahre als Partnerin. Sie befasst sich intensiv mit dem Nahostkonflikt und dem Antisemitismus in Europa, lange vor dem Holocaust bis heute, und verfolgt dazu die hebräische, deutsche, englisch- und französischsprachige Presse.
Seit 2012 lebt Frau Margalith aus beruflichen Gründen mit ihrem Mann in Irland.