KAFFEEHAUS DIALOG

K

Zu früh gefreut

»Wir nehmen einen großen Braunen und einen großen Schwarzen.«

»Einen Verlängerten?« Fragt der Ober

»Nein, einen doppelten Mokka.« Der Ober notiert die Bestellung.

»Ich hab dir einen großen Schwarzen bestellt«, sagt der Mann zu seiner Frau, die von der Toilette zurückkommt.

»Aber es ist doch schon fünf Uhr am Nachmittag, du weißt doch, dass ich dann keinen Kaffee mehr trinke!«

»Ach, verdammt, hab ich vergessen.«

»Hätte mich ja gewundert, wenn du dich einmal an etwas erinnerst, das mir wichtig ist.«

»Ich rede mit dem Ober und ändere die Bestellung.« Er winkt dem Ober, der schaut weg und geht an ihm vorbei. Der Mann geht ihm nach.

»Entschuldigen Sie, ich möchte statt dem großen Schwarzen einen Kamillentee.« Sagt er dem Kellner, der den Kopf schüttelt und sagt: 

»Ich hab’s schon boniert, zu spät.«

»Gut, dann trink ich die beiden Kaffee und bestell extra einen Tee dazu.«

»Wie Sie wollen«, antwortet der Ober und tippt die neue Bestellung in den Computer. Der Mann geht zurück zu seinem Platz.

»Ich hab die Bestellung geändert, du bekommst deinen Tee«, sagt er zu seiner Frau. Dann steht er auf und geht zur Toilette.

Ein anderer Ober kommt mit zwei Kaffee und einem Tee und stellt alles auf den Tisch.

»Wir haben nur einen Kaffee bestellt und einen Tee!« Sagt die Frau.

»Ja, aber es sind zwei Kaffee boniert im Computer«, sagt der andere Ober.

»Das ist ihr Problem, mein Mann hat die Bestellung geändert.«

»Und wer soll den jetzt bezahlen?« Fragt der andere Ober.

»Mich fragen Sie?« Sagt die Frau.

»Da muss ich mit meinem Kollegen reden.«

»Tun sie das!«

Der Ober sucht den Kollegen, der die Bestellung aufgenommen hatte. Der Ehemann kommt zurück von der Toilette.

»Jetzt haben sie doch nur einen Kaffee gebracht«, sagt er zu seiner Frau.

»Nein, stell dir vor, die Idioten haben zwei Kaffee und einen Tee gebracht«, antwortet sie.

»Ja, weil ich sie bestellt habe!«

»Warum bestellst du zwei Kaffee?«

»Ach, lass doch…«, antwortet der Mann und steht auf, um den Ober zu suchen.

»Es tut mir, leid, ein Missverständnis, ich nehme natürlich die beiden Kaffee«, sagt er zu dem Ober, bei dem er die Bestellung aufgegeben hatte.

»Was meinen sie mit Missverständnis, natürlich, sie haben doch gesagt, sie würden beide nehmen und auch bezahlen. Wo ist das Problem?«

»Die Frau dort will jetzt plötzlich die beiden Kaffee nicht, die spinnt die Alte«, sagt der andere Ober zu seinem Kollegen und trägt ein Tablett mit dem Kaffee. Er kennt den den Ehemann nicht, der die Bestellung aufgegeben hatte. 

»Na, hören sie mal!« Sagt der Mann, der beide Kaffee bestellt hatte.

»Was mischen Sie sich ein?« Fragt der Ober, der den Kaffee trägt.

»Wie reden sie…«, sagt der Mann, doch der andere Ober unterbricht ihn und sagt: »Das ist doch der, der beide bestellt hat!«

»Ich habe nicht beide bestellt, sondern war bereit, den anderen zu nehmen, weil sie ihn nicht stornieren konnten«, entgegnet der Mann.

»Gustl, dein Kaffee wird kalt!« Hört man eine Frauenstimme im Kaffeehaus rufen.

»Ja! Ich komm ja gleich!« Antwortet der Mann.

»Nehmen sie doch den, der ist noch warm«, sagt der Ober, der immer noch das Tablett mit dem Kaffee hält und lacht.

»Wie kann der noch warm sein, sie haben doch beide gleichzeitig gebracht«, sagt der Mann.

»Wissen sie was, ich nehme jetzt beide Kaffee weg und bring ihnen einen frischen«, sagt der Ober, der die Bestellung aufgenommen hatte und geht zum Tisch und nimmt den Kaffee, der dort steht.

»Hallo! Mein Mann hat doch noch gar nichts getrunken. Ist doch eine Frechheit, dass sie ihn jetzt schon wegräumen!« Sagt die Frau.

»Ich bring ihm einen neuen, der frisch gemacht wird«, sagt der Ober.

»Das ist aber nett«, sagt die Frau. Der Mann kommt zurück und setzt sich und sagt: »Siehst du, wir sind immer so kritisch, es gibt doch noch nette Menschen.«

Sie nickt. Der Ober bringt einen Kaffee. Die Frau hat den Tee bereits ausgetrunken und der Mann trinkt vorsichtig, Schluck für Schluck den heißen Kaffee. 

Dann ruft er den Ober: »Bitte zahlen!«

Der Ober kommt und nimmt einen Block heraus, schreibt langsam und spricht dabei: 

»Also, da hatten wir zwei große Braune, einen großen Schwarzen und ein Tee, macht sechzehn Euro und dreißig Cent.« Dann legt er die Rechnung auf den Tisch.


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Über den Autor / die Autorin

Peter Sichrovsky

Klassische Dilettanten-Karriere, wenig von viel und viel von wenig zu wissen, zu können, nach Studium der Chemie Marketing in Pharmaindustrie, dann Journalist, Schriftsteller, Mit-Gründer des Standards, SZ/Stern Korrespondent in Asien, EU-Parlamentarier, die letzten zehn Jahre Industrie-Karriere in Süd-Ost-Asien, 23 mal übersiedelt und nach Wien, Berlin, New York, München, New Delhi, Singapur, Hong Kong, Manila, Los Angeles und Brüssel in Chicago gelandet. Seit September 2017 lebt Peter Sichrovsky in London.

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