MAASSEN OHNE MASS

M

Photo: BMI, CC BY-SA 3.0

Es ist was faul im Staate Deutschland

Die Debatte über den Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen und seine öffentlichen Äußerungen zu Chemnitz in der Bild-Zeitung am 7. September zeigt exemplarisch, dass etwas faul ist im Staate Deutschland. Der oberste Hüter des Grundgesetzes, der deren erklärte Gegner, ob AfD oder rechtsradikaler Pöbel, auf sächsischen Straßen verharmlost und in Schutz nimmt, hat hochkant rauszufliegen.

Stattdessen nimmt ihn sein oberster Dienstherr nibelungentreu in Schutz – in dem verzweifelten Versuch, jene Lufthoheit über die Stammtische zurückzuerlangen, die die CSU jahrzehntelang innehatte aber nun seit Jahren bereits an AfD, Pegida und Co. hat abtreten müssen. Die CDU, längst ähnlich zögernd und zaudernd wie ihre groß-koalitionäre Braut, die SPD, zögerte und zauderte, bei Maaßen Tacheles zu reden, wohlwissend, dass ihr die Koalition um die Ohren flöge, wenn Merkel von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und Maaßen über Seehofers Kopf hinweg entlassen würde.

Diese GroKo droht nun aber gleichwohl zu platzen, haben doch die Sozialdemokraten wieder so etwas wie Autonomie in der Regierung erreicht und drohen nun ihrerseits mit einem Ende der Regierung, sollte Maaßen bleiben. Die Kanzlerin muss also nun das tun, was sie wirklich ungern tut – entscheiden. Und es sieht alles danach aus, als würde sie wieder eine Konzessionsentscheidung treffen. Maaßen muss weg und Seehofer bleiben, das ist die Quadratur des Kanzlerschen Kreises. Wie sie das hinkriegt, ist unklar, aber auch Seehofer würde ein Regierungsbruch mehr schaden als nutzen mit Hinblick auf die Bayernwahl. Die großkoalitionäre Lösung jedenfalls, Maaßen hochzuloben und künftig sozusagen zum eigenen Dienstherrn in Sachen Geheimdienste zu machen, ist keine.

Was allerdings das Kernproblem bei dieser Debatte ist, an deren zähem Ende Maaßen seinen Schlapphut  abnimmt, das ist die gänzliche Absenz von Moral bei weiten Teilen der Politik. Ein Verfassungsschützer, der öffentlich politisiert, von Mord spricht, wenn maximal eine Körperverletzung mit Todesfolge im Raum steht und ein Video für falsch erklärt, das nachweislich echt ist – und sich später ohne Entschuldigung auf abstruse Weise herauswinden will (siehe Anlage), der ist natürlich nicht tragbar. Schon gar nicht, wenn, wie jetzt ruchbar wird, etliche Länderverfassungsschutz-Bosse Ermittlungen über die AfD nicht ihrem obersten Chef zugänglich machten, aus Sorge, der würde diese an die Rechtspartei durchstechen? Und wenn dieser oberste Verfassungshüter in Berlins Gerüchteküche bereits als erster AfD-Innenminister gehandelt wird … Wieso also die Debatte?

Weil es der Politik in Deutschland derzeit leider an Konsequenz, aber vor allem an Moral mangelt. Weil man mit Zögern und Zaudern die Macht der Straße und deren parlamentarischen Bräunlingen wachsen lässt, anstatt mit klarer Kante den rechten Mob und seine legislativen Vertreter in die Schranken zu weisen. Wer darüber schwadroniert, einen Ausländer über die Straße zu treiben und zu verfolgen, das sei noch keine Hetzjagd, anstatt die Täter mit aller Härte zu bestrafen, ebnet Neonazis den Weg. Das muss die Politik klar sagen.

Und es muss Schluss sein mit jeglicher Apologetik-Debatte, wer die AfD wähle oder bei einer der Nazi-Hetzdemos mitliefe, der sei nicht rechts. Doch. Ist er. Und die AfD ist eine Partei, die gegen das Grundgesetz ist. Niemand ist gezwungen, ihr hinterher zu laufen. Wer es dennoch tut, dem sollte die aufgeschreckte Mitte nicht auch noch hinterher hecheln, um ihn »zurückzuholen«. Das muss die Politik klarmachen.

Denn mit Klartext und dessen politischer Umsetzung ist den braunen Krawallbrüdern beizukommen – und nur damit. Das heißt also: Die erforderliche klare Kante muss auch in der Sozialpolitik und im Zurückweisen islamistischer Umtriebe umgesetzt werden – und sie muss Hand in Hand gehen mit einer Empathie für all diejenigen, die unverschuldet in Not sind, egal, welcher Nationalität.

Die Republik darf nicht zur Geisel des Mobs werden. Noch ist Zeit. Maaßens Demission bzw. Fortbelobigung darf nur der Anfang sein.

Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Dann unterstützen Sie bitte die SCHLAGLICHTER!

 Über diesen Beitrag auf Facebook diskutieren

Über den Autor / die Autorin

Daniel Killy

Schreibt, berät und berät Schreibende sowie (Medien-)Unternehmen. Ist aber zuvörderst und mit Herzblut Journalist, Kommentator und Autor in den unterschiedlichsten Medien und im Blog »Salonkolumnisten« mit den Schwerpunkten internationale und nationale Politik, Jüdisches, Kultur und – als journalistisches Hobby –, American Football. Im Ehrenamt Vizepräsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und Sprecher der Jüdischen Gemeinde in Hamburg. Lebt in Hamburg und nach Möglichkeit in seinem Seelenversteck in Florida.

Von Daniel Killy