ISLAM OHNE KOPFTUCH

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Photo by Steve Evans from Citizen of the World (Istanbul 002) [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons 

Banner des Islamismus

Die seit kurzem wieder aufgeflammte Debatte um ein Verbot der Vollverschleierung und ein Kopftuchverbot für Staatsdienerinnen ist von Heuchelei geprägt. Selbstverständlich muss man die Vollverschleierung verbieten und das Kopftuch so weit es geht zurückdrängen.

Vorweg: Kopftuch, Niqab oder Burka sind im Islam kein religiöses Gebot und kommen im Koran nicht vor. Jede Form der Verschleierung ist ein Banner des Politischen Islams, nicht Zeichen besonderer Religiosität. Hijab, Burka und Niqab symbolisieren den Herrschaftsanspruch der Männer über die Frauen und jenen des Islams über die säkulare Welt.

Darum sind säkulare Muslime wie Dr. Amer Albayati, Präsident der „Liberalen Muslime Österreichs“, gegen das Tragen von Kopftüchern. Die Gründerin des Schweizer „Forum für einen fortschrittlichen Islam“, Saïda Keller-Messahli, bezeichnet das Kopftuch als „politisches Gebot der Islamisten“.

Keller-Messahli ist für ein Verbot der Vollverschleierung und erinnert daran, dass der Ursprung des Kopftuchs im 7. Jahrhundert liegt: es diente dazu, „den sozialen Rang der muslimischen Frau als freie Frau – im Gegensatz zur Sklavin – zu markieren und die freie Frau so vor sexueller Belästigung zu schützen“.

Das Kopftuch ist kein religiöses Symbol sondern ein identitäres Abzeichen. Die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes stellt in ihrer Erklärung zur Debatte um die Burka treffend fest:

„Alle Formen des Körperschleiers und des Gesichtsschleiers, sind Ausdruck religiösen Fundamentalismus, der Missachtung und Erniedrigung der Frau und ihrer Degradierung zu einem Objekt. Der Schleier, wie auch das Kopftuch, unterteilt Frauen in so genannte „ehrbare“ und „nicht ehrbare“ Frauen und ist somit eng mit dem Themenkomplex der Gewalt im Namen der Ehre verbunden.

Unsere Unterstützung gilt vor allem denjenigen Frauen und ihren Familien, die die Verschleierung ablehnen, sich emanzipieren von religiösen Dogmen und Patriarchat. Frauen, die freiwillig volle Verschleierung tragen, akzeptieren und unterstützen die Vorstellung der Unterordnung der Frau unter den Mann, seine Vormundschaft. Sie akzeptieren und unterstützen auch die patriarchalische und religiöse Vorstellung der sündigen Frau, die, falls unverschleiert oder nicht ordentlich bekleidet, verantwortlich für die „Versuchung“ des Mannes ist und entschuldigen Männer, statt diese in die Verantwortung zu nehmen, falls es zu einem Übergriff kommen sollte.“

In den 1970er Jahren war das Kopftuch aus dem Stadtbild muslimischer Länder fast verschwunden, heute ist es auch in westlichen Metropolen allgegenwärtig. Vor diesem Hintergrund ist jede Initiative der Regierung, die Vollverschleierung zu verbieten und das Kopftuch zurückzudrängen, uneingeschränkt zu unterstützen.

Das Kreuz mit dem Kreuz

Dass Kern und Kurz gleichzeitig versichern, die Kreuze in Kindergärten, Klassenzimmern und Gerichten blieben unangetastet, ist allerdings intellektuell unredlich. Recht wird hierzulande nicht im Namen Gottes gesprochen und der Lehrplan kommt nicht aus dem Vatikan.

Das Argument, das Kreuz sei nur eine kulturelle Tradition, kann man getrost in der Bibliothek der Regierungs-Fake News ablegen. Die Herabstufung zur Folklore ist im Grunde eine Beleidigung für jeden gläubigen Christen und schlichtweg verlogen. Der einzige Grund dafür ist, dass man Angst hat, 70% der Wähler zu irritieren. Schließlich hat die Debatte um das Kreuz 1999 schon das Liberale Forum den Wiedereinzug ins Parlament gekostet.

Auch wenn es drängendere Themen gibt, wäre der aktuelle Diskurs der richtige Anlass gewesen, sich klar zu einem säkularen Staatsverständnis zu bekennen und sich von historischen Zöpfen zu trennen.

Schutz vor religiösen Anmaßungen

Ein liberal verfasster demokratischer Staat hat nicht nur das Recht sondern die Pflicht, sich gegen religiöse Anmaßungen zu wehren. Die Verhüllung der Frau darf nicht zu einer sozial gültigen Norm werden.

Wo die Verhüllung der Frau gesellschaftlich akzeptiert wird, ist die Sicherheit aller Frauen beeinträchtigt. Die Gefährdung steigt im selben Ausmaß wie die Anzahl der Männer wächst, die unverhüllte, und damit als ungläubig bzw. haram identifizierbare Frauen als sexuelles Freiwild betrachten.

Mitschüler und Familie üben oft sozialen Druck auf Mädchen aus, das Kopftuch zu tragen. Anstatt diesen Druck zu legitimieren müssen wenigstens öffentliche Kindergärten und Schulen als säkulare Schutzräume funktionieren.

Aus alldem ergeben sich klare Forderungen an den Gesetzgeber. Da die Verschleierung der Frau im Islam nicht vorgeschrieben ist, widerspricht nichts davon der Anti-Diskriminierungs-Gesetzgebung. Der vorhersehbare Widerstand von Islamverbänden, die von der Türkei gesteuert sind, darf keinen Einfluss auf die österreichische Gesetzgebung haben.

  • Kopftuchverbot für minderjährige Mädchen, insbesondere in Bildungseinrichtungen wie Kindergärten und -gruppen, Schulen, Moscheevereinen, etc.,
  • Kopftuchverbot für Richterinnen, Polizistinnen und Lehrerinnen, etc.
  • Recht für Dienstgeber, das Tragen des Kopftuchs in der Firma zu untersagen,
  • Verbot jeglicher Ganzkörperverschleierung im öffentlichen Raum,
  • last but not least, religiöse Symbole haben in Gerichten und öffentlichen Schulen nichts verloren.

Jedes Kopftuch ist das sichtbare Zeichen dafür, dass Werte und Lebensweisen, für die in der westlichen Welt Generationen gekämpft haben, gerade dabei sind, verhüllt, unsichtbar gemacht und am Ende ausgelöscht zu werden.

Über den Autor / die Autorin

Thomas M. Eppinger

Thomas Eppinger ist davon überzeugt, dass alle Menschen mit unveräußerlichen Rechten geboren sind, zu denen das Recht auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören. Daraus ergab sich alles andere, auch diese Website.
Der Publizist ist 1961 in Vöcklabruck geboren, lebt heute in Graz und arbeitet in Wien als Lead Editor bei »Der Pragmaticus«. Davor leitete er den unabhängigen Nahost-Thinktank Mena-Watch.