ABER BITTE MIT SODA

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Photo: Scarlett Johansson, CJCS USO, CC BY 2.0

Exodus und BDS

Inzwischen dürfte die israelische Firma SodaStream für die Allermeisten ein Begriff sein. Es handelt sich um ein System, mit dem man sein Wasser zu Hause selbst mit Sprudel versetzen kann. Das kompakte Gerät wird mit einer Gaskartusche ausgestattet, die man immer wieder gegen eine volle austauschen kann und kommt entweder in einer Version mit Plastikflaschen oder, wie bei mir zu Hause, mit Karaffen aus Glas.

Flasche rein, ein paarmal auf einen Schalter gedrückt, je nachdem, wie blubbernd man es mag, schon hat man sein eigenes Sodawasser! Vorbei ist das Schleppen von Flaschen, das Leergut, das zurückmuss und Platz raubt, vorbei auch die Berge von Plastikflaschen! Wer mag, kippt Apfelsaft dazu, Weißwein, Sirup jeglicher Geschmacksrichtung. Fertig. Soweit, so gut. Oder wie sagte Sawsan Chebli in einem ihrer jüngsten Tweets dazu, dass sie in Tel Aviv in einem Taxi arabischer Musik lauschen konnte: »Ach, es könnte so einfach sein«.

War es aber nicht.

Denn die Firma SodaStream, die ihre Hauptproduktionsstätte zunächst in Mishor Adumim hatte, wurde Objekt einer internationalen Großkampagne der »Boycott, Divestment and Sanctions«-Bewegung, kurz BDS, die Israel regelmäßig mindestens des Landraubs, der Völkerrechtsverletzung und ethnischen Säuberung bezichtigt. Denn Mishor Adumim liegt im Westjordanland.

Auf der deutschen Website der BDS-Bewegung heißt es unter anderem: 

Kein Profit durch Menschenrechtsverletzungen!
Keine Unterstützung für illegalen Landraub!
Keine Unterstützung ethnischer Säuberung!
BOYKOTTIERT SODASTREAM!

Im Netz finden sich zudem Videos, in welchen die armen Menschen, die gutgläubig gedacht hatten, sie täten der Welt mit ihrem SodaStream Gerät etwas Gutes und nun enttäuscht herausfinden mussten, dass SodaStream eine israelische Firma ist, das Ding am besten zerstören können. Denn verschenken oder einfach entsorgen würde das Problem nicht lösen. Das Böse sprudelt dann nämlich weiter, einfach nur bei jemand Anderem.

Boykott 

Nach Boykottaufrufen aus aller Welt, wütenden Demonstrationen vor Geschäften, die es wagten, dieses ausbeuterische Produkt zur Herstellung einer jüdischen Abart des Teufelswassers zu vertreiben, demzufolge mehr und mehr Auslistungen aus dem Verkaufssortiment und Druck auf die Produktionsstätten in den USA hatte die Geschäftsleitung kaum eine Wahl: Das Werk in der Westbank wurde geschlossen. 

Damit verloren mehr als 500 palästinensische Arbeiter, die bis dahin Hand in Hand und zu gleichen Bedingungen im Werk gearbeitet hatten wie ihre jüdischen Kollegen, ihre gut bezahlten Jobs. SodaStream verlegte das Hauptwerk ins israelische Kernland, genauer in die Negev-Wüste und beschäftigte fortan Beduinen. 

Aber selbst das war BDS nicht genug. Unter oben genanntem Link findet man nämlich inzwischen, nach der Verlegung der Produktionsstätte, folgende Behauptungen:

SodaStream profitiert von der andauernden Ghettoisierung der beduinischen Bevölkerung, die in dem sogenannten Prawer Plan der israelischen Regierung angelegt ist; 70.000 BeduinInnen sollen aus ihrer gewohnten Umgebung in der Naqab (Negev-) Wüste vertrieben und in Planstädten zusammengepfercht werden.

SodaStream profitiert von der israelischen Regierungsstrategie, die Industrialisierung der Naqab (Negev)-Wüste durch Fördergelder zu subventionieren und nimmt damit billigend die Entwurzelung der seit Generationen dort ansässigen einheimischen beduinischen Bevölkerung in Kauf.

SodaStream macht sich damit weiterhin zum Komplizen der israelischen Politik der Kolonialisierung, Enteignung und Vertreibung auf Kosten der einheimischen Bevölkerung und bleibt daher weiterhin Ziel der internationalen BDS Kampagne.

Letztlich zeigt sich daran, wie schon so oft, dass BDS eben keine pro-palästinensische, sondern vielmehr eine anti-israelische Organisation ist.

Weil das inzwischen auch andere begriffen haben, florierte das Unternehmen nach Verlegung des Werks wie nie zuvor. Frei nach dem Motto »there’s no such thing as bad publicity« hatte BDS, dessen Kooperation mit Oxfam unter anderem auch zur Folge hatte, dass die US-Schauspielerin Scarlett Johannson, die eine Rolle als Werbeträgerin für SodaStream angenommen hatte, nach acht Jahren ihre Position als Oxfam-Botschafterin niederlegte, vielleicht sogar einen Gefallen getan. SodaStream wuchs und gedieh – und wurde kürzlich um 3,2 Milliarden US-Dollar von Pepsi gekauft.

Exodus

Der Umzug von Mishor Adumim in die Negev-Wüste ist aber nicht der Exodus, von dem in der Überschrift die Rede ist. Dahinter verbirg sich etwas völlig anderes.

Am Sonntag, den 19. August, bat der CEO von SodaStream, Daniel Birnbaum, seine Eltern Ervin und Hadassa, ihn am nächsten Tag zu einer Veranstaltung seiner Firma zu begleiten. Was diese zu dem Zeitpunkt nicht wussten: Es handelte sich um die Pressekonferenz zur offiziellen Bekanntgabe des bis dahin streng geheim gehaltenen Verkaufs. Dabei ehrte Daniel Birnbaum seinen Vater in ganz besonderer Form.

Ervin Birnbaum war einer der Passagiere der SS Exodus, also jenes Schiffs, das sich im Jahre 1947 mit etwa 4.500 jüdischen Menschen an Bord, die meisten von ihnen Überlebende des Holocaust, von Frankreich auf den Weg ins Britische Mandatsgebiet Palästina gemacht hatte. 

Sinn und Zweck des Mandats war zwar bereits bei seiner Erteilung die Gründung eines jüdischen Staats auf dem Gebiet Palästina gewesen, aber die Briten wollten – wie bereits während der Kriegsjahre – die Einwanderung der Rudimente jüdischen Lebens nach dem Holocaust auf ein Minimum begrenzen. Daher wurde das Schiff zunächst im Hafen von Haifa festgehalten und letztlich nach Frankreich zurückgeschickt. Ervin Birnbaum musste zunächst zurück nach Deutschland, wanderte dann in die USA aus, von wo er 22 Jahre später mit seiner Familie endlich nach Israel einwanderte. Bei der Pressekonferenz sagte Daniel Birnbaum zu seinem Vater:

Wer hätte gedacht, Papa, dass Du, nachdem Du Deine Familie verloren hattest, den Moment erleben würdest, ein blühendes Land zu sehen, und dass Du aus der Asche des Holocaust einen Moment von Glanz und Stolz machen würdest.

Daniel Birnbaum

Und damit hat er auch zu BDS alles gesagt, was es zu sagen gibt.

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Über den Autor / die Autorin

Alexandra Margalith

Alexandra Margalith hat in München Rechtswissenschaften studiert, ist in Israel als Anwältin und Notarin zugelassen und hat sich in einer Kanzlei in Tel-Aviv mehr als 13 Jahre intensiv mit deutsch-israelischen Wirtschafts- und Rechtsbeziehungen befasst, davon 7 Jahre als Partnerin. Sie befasst sich intensiv mit dem Nahostkonflikt und dem Antisemitismus in Europa, lange vor dem Holocaust bis heute, und verfolgt dazu die hebräische, deutsche, englisch- und französischsprachige Presse.
Seit 2012 lebt Frau Margalith aus beruflichen Gründen mit ihrem Mann in Irland.