DEM MONOPOLISTEN AUSGELIEFERT

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Ein Shitstorm gegen die SVA

Ausgerechnet beim Thema Krankenzusatzversicherung hat es die SVA jetzt erwischt. Der Shitstorm wegen überfallsartig vorgenommener Kürzungen bei den Leistungen für Geringverdiener ist gewaltig.

Dabei handelt es sich bei dieser Zusatzversicherung nicht um das Kernstück des Angebots des Monopolisten. Und jede Wette – wenn es einen privaten Versicherer beträfe, etwa die Städtische oder die Uniqa, wäre der Aufschrei nur ein Flüstern.

Für alle Leser, die wissen wollen, was sich hinter dem Kürzel verbirgt: SVA, das ist die gesetzlich vorgeschriebene Sozialversicherung aller Unternehmer, Gewerbetreibenden und mit Ausnahme der Freien Berufe überhaupt aller Selbständigen, die mit diesem Versicherungsmodell über einen Kamm geschoren werden.

Ein gebrauchter Opel statt ein neuer Mercedes

Geschaffen vor etwa einem Jahrhundert, ausgehend von einem längst überholten Bild eines Unternehmers, der meist Angestellte beschäftigte und für gewöhnlich über ein sattes Einkommen verfügte, gerät diese Versicherung Einzelunternehmern, einer wachsenden Gruppe, welche in Österreich über keine Lobby verfügt, nicht immer zur Freude.

Für die Gutverdiener sind die monatlichen Beträge eine satte Bürde und während der durchschnittliche Angestellte in Österreich lieber nichts davon wissen will, was er seinem Arbeitgeber wirklich kostet (Bruttolohn plus Arbeitgeberanteil), merkt der Selbständige, dass das Leben in diesem Sozialstaat dem Einkauf in einem Autosalon gleicht, wo man einen neuen Mercedes bestellt und bezahlt und statt des neuen Mercedes einen gebrauchten Opel bekommt.

Hoher Beitrag, kleine Leistung 

Eine Pflichtversicherung für Selbständige ist Austria-Standard, in Deutschland herrscht Versicherungspflicht, man darf sich die Versicherung aber aussuchen. In Österreich allerdings wird die Pflichtversicherung mit dem Wort „Solidarität“ argumentiert. Ein Begriff, mit dem in diesem Land recht locker umgegangen wird, wenn es um die Eingriff des Staates in private Verhältnisse geht.

Aber wie ist es um die wenig verdienenden, kleinen EPUs (Pfleger, Grafiker, Therapeuten) bestellt, die das Vergnügen haben, bei der SVA versichert zu sein? Sie bezahlen verhältnismäßig mehr in die Töpfe der Versicherung ein als es dem Verhältnis zu ihrem Einkommen entspricht. Im dem Falle, dass sie krank werden, erhalten sie erst nach dem 43. Tag ihres Krankseins ein bescheidenes Taggeld von 30,-.

Es muss einen schon richtig erwischen, dass man länger als 6 Wochen vom Job ausfällt, und das Kalkül der Versicherung ist offensichtlich, dass sie nur selten in die Verlegenheit kommt, dieses Almosen auszuzahlen. Schließlich bedeutet für die meisten kleinen Unternehmer ein Ausfall über mehrere Wochen die Auslöschung des Unternehmens und der Gang zum Konkursrichter.

Die Wut entfacht

Genauso wiedersinnig ist der 20% Selbstbehalt für Geringverdiener. Dieses Steuerungsinstrument soll Leute offenbar von der Inanspruchnahme medizinischer Dienste abhalten. Durchdacht ist das nicht. Gerade die ÖVP spricht in diesem Fall von Eigenverantwortung.

Gehe ich nach einem Knochenbruch also besser nicht zum Röntgen, weil in diesem Fall der Selbstbehalt fällig wird? Unterlasse ich den Arztbesuch bei Verdacht auf Lungenentzündung? Ist es das, was man unter Eigenverantwortung versteht? Ein Selbstbehalt, der für den klassischen mit Gewinnen gesegneten Unternehmer ein Klacks ist, kann für neue Selbständige, die dies oft nicht einmal freiwillig sind, sondern weil sie von ihren Arbeitgebern outgesourced wurden, zu einer Belastung werden.

So viel zum Solidaritätsprinzip. Doch alle diese Ärgerlichkeiten, an den SVA-Zwangskunden bereits gewöhnt sind, fanden nie den Weg an die Öffentlichkeit, von einigen Lippenbekenntnissen des Kanzlers Kern abgesehen, der natürlich intelligent genug ist, in den EPUs eine Zielgruppe zu erkennen, während für die Seinen alles, was selbständig handelt, arbeitet und also denkt, des Teufels ist.

Gerade jetzt, wo die SVA sich ein wenig in Privatwirtschaft versucht und aus logischen kostenrechnerischen Gründen Leistungen, die zu einem Verlust führen, überdenkt, kriegt sie die WUT von Politik und Öffentlichkeit ab.

Wobei zu sagen ist, dass diese Leistungsänderung, also die Schlechterstellung der privaten Versicherungskunden mit geringem Einkommen, natürlich extrem schlecht vorbereitet und kommuniziert wurde. Aber seit wann muss ein Monopolist in Angelegenheiten der Öffentlichkeitsarbeit besonders firm sein?

Über den Autor / die Autorin

Alexander Rabl

Alexander Rabl arbeitet als Texter und Konzeptionist, gönnt sich zwischendurch Berichte über Restaurants, Wein, Reisen und kulinarische Angelegenheiten, und freut sich, an dieser Stelle Notizen alltäglicher Wahrnehmungen zu veröffentlichen.

Von Alexander Rabl