#MeTooMuch!

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Photo: Max Pixel (edited), CC BY-SA 2.0

Der folgende Text stammt nicht von mir, sondern aus der Feder einer Freundin, die anonym bleiben möchte. Wir veröffentlichen ihn unter meinem Namen, damit die allfällige Debatte darüber einen Ansprechpartner hat. Der bin ich gerne. Denn abgesehen von den persönlichen Erfahrungen unterschreibe ich jedes Wort.

Warum ich mich als Betroffene von dem Hashtag-Hype verarscht fühle

Jede dritte Frau wird laut Statistiken hierzulande im Laufe ihres Lebens Opfer sexueller Gewalt. Ich bin eine davon. Die nüchternen Fakten sagen auch: Die meisten sexuellen Übergriffe passieren im (erweiterten) Familienkreis. Das trifft, was meine persönliche Biografie betrifft, ebenso zu.

Grundsätzlich gesagt war Sexualität in der politisch linken Community der 70er, in der ich aufwuchs, der Schlüssel zur individuellen Freiheit nach dem spießigen Mief der Nachkriegsjahre, und ein Mittel zur Provokation. Vor allem aber war Sexualität auch etwas, das man bereits Kindern durchaus zuzumuten bereit war. Erwachsene nahmen damals schon einmal die Jüngsten mit ins Bett, weil das ja so „natürlich“ und antiautoritär war, und, freilich ganz selbstlos, der kindlichen Lust am Entdecken des Körpers geschuldet war.

In Wahrheit ging es darum, worum es bei sexueller Gewalt immer geht: Um die Demonstration von Macht, um Einschüchterung und Demütigung, um Angst vor Frauen, egal welchen Alters. Mit der frühen Erfahrung, dass die eigenen Grenzen zu wenig respektiert und wertgeschätzt, sondern im Gegenteil nach Belieben übertreten wurden, schienen sich diese mit den Jahren in diffusen Nebel aufzulösen. Ein traumatischer Stress, der für weitere Übergriffe in der Pubertät den idealen Nährboden bot.

Trotzdem, manchmal nimmt das Schicksal unerwartet eine andere, positive Wendung. Menschen treten zum richtigen Zeitpunkt in dein Leben, die dich dabei unterstützen, das Erlebte emotional zu verpacken, und die deinen Selbstwert stärken, dank Therapie beruhigt sich das Kopfkino voller Schreckensszenarien irgendwann, auch seelische Wunden können in die Lebensgeschichte integriert werden, und letztendlich sogar heilen. Es ist bekanntlich nie zu spät für eine glückliche Kindheit. Und dafür, Vertrauen, Liebe und Geborgenheit im späteren Leben nachzuholen. Mir sind Übergriffe dieser Art nie wieder passiert, nicht einmal ansatzweise.

#MeToo – und doch nicht

Warum ich das hier ausbreite? Weil speziell mit dieser Vorgeschichte die Hashtag-Kampagne #MeToo, die seit rund zwei Wochen trendet, höchst ambivalente Gefühle hervorruft. Zu Beginn, als sich die ersten Opfer des mutmaßlichen Sexualverbrechers Harvey Weinstein auf den diversen sozialen Plattformen outeten, fand die Aufmerksamkeit, die dem bislang weitgehend tabuisierten Thema plötzlich zuteil wurde, spontan meine Zustimmung. Endlich, dachte ich, redet jemand darüber, endlich zeigt sich, wie viele Frauen im Laufe ihres Lebens die Erfahrung sexueller Übergriffe machen müssen.

Ich war zugleich fasziniert, erschüttert, und natürlich haben die Berichte der Betroffenen Szenen aus meiner eigenen Biografie wieder hervorgerufen und mich aufgewühlt. Ab einem gewissen Zenit der Berichterstattung jedoch hat sich die Dynamik, mit der diese Kampagne eifrig vorangetrieben wurde, verselbständigt. In eine, wie ich finde, ungesunde und effektheischende Richtung. Rund um die Weinstein-Story klagten nun immer mehr US-Schauspielerinnen an, einige davon wohl nicht zuletzt deshalb, weil sich diese Art der Beichte als recht einträgliche Form der Eigen-PR zeigte. Ein österreichisches Frauenmagazin erkannte das Potential des Hypes ebenso und coverte mit einem plakativen #MeToo-Outing heimischer weiblicher Promis.

Hauptsache eine Story

Im Zuge dieser aufgeheizten Solidarisierungswelle ging es in den Bekenntnissen sukzessive nicht mehr in erster Linie um sexuelle Übergriffe und Gewalttaten, sondern um verbale Belästigungen und Entgleisungen und dumme oder einfach ungeschickte Anmach-Sprüche von diversen XY-Chromosomen-Trägern. Um Chefs, die vor Jahrzehnten mit anzüglichen Bemerkungen genervt haben sollen, um baggernde Kollegen, zu tiefe Blicke ins ausgestellte Dekolleté oder vom Gerüst pfeifende Bauarbeiter. Ob Vergewaltigung, Missbrauch, ein Po-Grapscher oder ein unpassendes „Schatzi“ vom Vorgesetzten zur Mitarbeiterin – mittlerweile ist man soweit, alles in einen großen Topf zu werfen, was sich medial als „Story“ vermarkten lässt.

Kurz gesagt: Das Thema wurde zunehmend trivialisiert und massentauglich auf RTL-II-Niveau runtergebrochen. Vielleicht, so mein Eindruck, damit auch wirklich jedes mitteilungswütige „Opfer“ sich etwas aus diesem Selbstbedienungsladen an vermeintlichen Vorfällen rauspicken, und dies, im Idealfall, öffentlich machen kann.

Mein anfängliches Wohlwollen darüber, dass dieses Thema endlich enttabuisiert wird, schmolz mit dieser medialen Opferinszenierung rasch dahin. Stattdessen fühle ich mich verarscht. Ein derart sensibles Thema, das in der Lebensgeschichte Betroffener massive Narben hinterlässt, auf diese Weise zu instrumentalisieren, ist ein Schlag ins Gesicht.

Als Kind zu erleben, dass Übergriffe von Vertrauenspersonen ignoriert, heruntergespielt oder still geduldet wurden, war entsetzlich. Im Zuge dieser Kampagne erkennen zu müssen, dass sexuelle Gewalt nun mit einem verunglückten Kompliment gleichgesetzt wird, trifft aber fast in gleichem Maße. Das Thema ernst nehmen heißt auch, sauber zu differenzieren. Etwa zwischen unmoralischen Angeboten, die kritikwürdig sein mögen, sich aber mit einem „Nein“ rasch abstellen lassen, und sexueller Belästigung oder physischen Gewalttaten, die selbstverständlich vor Gericht gehören.

Die Verhascherlung der Frau

Dazu kommt: Die derzeitige mediale Darstellung von Frauen als hilflose Hascherln, die prinzipiell, sowohl beruflich wie privat, in einem dramatischen Abhängigkeitsverhältnis zu Männern gefangen  und damit wehrlos sind, regt mich unfassbar auf. Damit erweist man uns wirklich keinen guten Dienst. Die Beschreibung des Daseins einer Frau liest sich ja gerade so, als wäre das ein Zustand ununterbrochener sexueller Unterdrückung und Erpressung.

Ganz ehrlich: Ich habe die Erlebnisse in meiner Kindheit und frühen Jugend nicht körperlich und emotional überlebt, um als erwachsene Frau als verängstigtes Opfer betrachtet zu werden, das durch eine verbale Entgleisung von irgendeinem Idioten umgehend aus der Bahn geworfen wird und empört zur Anwältin rennt.

Meiner Meinung nach gehört es zur mentalen Grundausstattung jeder Frau, einen Mann, der plumpe Annäherungsversuche startet, verbal in die Grenzen zu weisen oder auf einen blöden Spruch schlagfertig zu kontern. Eine gewisse Portion Durchsetzungsvermögen braucht man schließlich auch im Job, gegenüber seinen Kindern, nervigen Behörden, der Familie, im ganz normalen Leben eben.

Wann bitte wurde es modern, als Frau sämtlichem Unbill des Alltags und zwischenmenschlichen Problemen hilflos ausgeliefert zu sein? Es scheint aber so, als wäre die medial inszenierte Opferrolle derzeit der neueste Hype, nach Hygge, Birkenstock-Schuhen und weiß ausgemalten Wohnzimmern auf Instagram. Und wenn es ein Opfer (alle Frauen) gibt, muss es der Logik nach auch einen Täter geben. Das sind momentan, voilá, alle Männer.

Alles Scheißkerle

Die Anklage, die sich zu Anfang gegen einzelne männliche Personen richtete, die in konkreten Fällen Täter sein sollen, mutierte zur unguided missile, die völlig planlos, dafür aber mit viel Zorn betrieben, alle Männer auf diesem Erdenrund pauschal zu Tätern abstempelt. Verurteilt wird nicht mehr der sadistisch veranlagte Mann, dem die Ausübung von Macht und Kontrolle Lust bereitet, oder der Typ mit Persönlichkeitsstörung, der seinen Minderwertigkeitskomplex dadurch kompensiert, dass er die Grenzen von Frauen bewusst missachtet – nein, alle Männer sind von Natur aus triebgesteuert, potentielle Gewalttäter und damit Feindbilder. Umso mehr weiße, ältere Männer in gehobenen Positionen.

Wenn ich von Vorreiterinnen dieser Hashtag-Bewegung Aussagen lese wie „erzieht eure Söhne so, dass sie nicht vergewaltigen“, wird mir, auch als Mutter eines Sohnes, übel. Was für ein Männerbild wird da transportiert. Kein Mann kommt als Scheißkerl und Vergewaltiger auf die Welt, und muss mühsam durch eine entsprechende mütterlich gelenkte Erziehung auf den rechten Weg gebracht werden. Entwickelt er sich zu einem solchen, ist in seiner Biografie einiges schiefgelaufen.

Aber auch bestimmte gesellschaftliche Strukturen begünstigen ein Klima, in der sexualisierte Gewalt blühen und gedeihen kann. Ungleiche Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen zum Beispiel, die über Generationen hinweg zu einem stummen Geschlechterkrieg führen, zu Misstrauen und einem tiefsitzenden, unausgesprochenen Hass. Dieser scheint sich gerade auf den sozialen Plattformen zu entladen. Bloß, diese unreflektierte Projektion bewirkt nichts Gutes. Denn schwarz-weiß-Denken führt zu allem möglichen, aber sicher nicht zu mehr Verständnis, Verbundenheit und letztlich Partnerschaftlichkeit zwischen Männern und Frauen.

Geschlechter-Solidarität kann nur durch Austausch entstehen, durch Dialog und authentische Begegnung. Keineswegs durch Medienjustiz, Denunzieren oder abstruse Verhaltensmaßnahmen. Wenn Konzerne in Österreich ihre männlichen Mitarbeiter nach US-Manier dazu anhalten, nicht mehr mit einer Frau alleine den Lift zu benützen, man könnte ja wegen sexueller Belästigung geklagt werden, dann ist das ein One-way-Ticket in einen Puritanismus 4.0. Wenig verlockend, oder?

Tabu Täterinnen

Übrigens: Frauen sind gar nicht die besseren Menschen, auch sie nennen ein beachtliches Gewaltpotential ihr Eigen. Hinter jedem missbrauchten Kind steht beispielsweise zumeist eine Mutter, die wegschaut und diese Übergriffe toleriert, aus welchen Gründen auch immer.

Das Tabu, dass auch Frauen selbst Täterinnen sind und aktiv sexuelle, physische oder verbale Gewalt ausüben, bricht zum Glück langsam auf. MitarbeiterInnen von Beratungsstellen etwa können ein Lied davon singen. Die Weiblichkeits- und Mütterlichkeitsideologien, die die Frau als das friedfertige Geschlecht darstellen, sind also definitiv kritisch zu hinterfragen.

Mit der tatsächlichen Solidarität von Frau zu Frau sieht es, abseits der Social Media Kanäle, im realen Leben auch nicht so rosig aus. Man muss sich zum Beispiel schon die Frage erlauben dürfen, warum „g’standene“ Schauspielerinnen wie Meryl Streep oder Gwyneth Paltrow, die anscheinend seit vielen Jahren über Weinsteins Abgründe Bescheid wussten, erst jetzt, im medialen Konvoi, damit rausrücken. Ihr Schweigen hat immerhin dazu beigetragen, dass ahnungslose junge Kolleginnen den Übergriffen des Produzenten ausgeliefert waren. Dieses Ducken, Wegschauen und Heucheln von Frauen aber ist es, das die patriarchalen Strukturen weiter zementiert.

#WeDo

So mancher empörter Netz-Aktivistin möchte ich mit den Worten meiner Tochter sagen: „Chillax, Schwester!“ Es wäre gut, sämtliche Browser zu schließen und den Laptop wegzulegen. Tief durchzuatmen und die Energien für ganz reales Engagement zu sammeln.

Denn im analogen Leben gibt es genug zu tun, um Opfern sexueller Gewalt wirklich zu helfen. So werden betroffene Frauen vor Gericht noch immer nicht ernst genommen. Der Hürdenlauf von der polizeilichen Anzeige über den Amtsarzt bis in den Gerichtssaal ist zudem dermaßen belastend und retraumatisierend, dass ich (im sozialen Bereich tätig und darum mit solchen Schicksalen befasst) überlegen muss, einer Klientin zu einem solchen Schritt zu raten.

Der Opferschutz lässt generell mehr als zu wünschen übrig. Über 80 Prozent aller Fälle von sexuellem Missbrauch passieren in der Familie und im näheren Bekanntenkreis. Behörden schauen oft jahrelang weg, auch die Therapieplätze für Betroffene, um die Leidensgeschichte zu verarbeiten, sind erschreckend dünn gesät. In Österreich leben geschätzt rund 8000 beschnittene Mädchen und Frauen, die eine Genitalverstümmelung erleiden mussten. Und, und, und.

Vielleicht könnte man sich zur Abwechslung einmal über diese Missstände empören, statt das abertausendste #MeToo Bekenntnis zu posten.

Den Männern möchte ich sagen: Lasst euch nicht pauschal in die Täter-Schublade zwängen. Lasst es nicht zu, dass typisch männliche Tugenden wie Aggressivität, Mut und Durchsetzungsvermögen zunehmend negativ etikettiert werden. Kümmert euch um eure Söhne, um Jungs in eurem Bekanntenkreis, um junge Männer. Seid positive Rollen-Vorbilder, für den konstruktiven Umgang mit Aggression, den Ausdruck von Gefühlen, stärkt euch gegenseitig.

Geschlechter-Studien zeigen, dass Jungen die klaren Verlierer im Bildungssystem sind. In Institutionen, die fast durchwegs weiblich geprägt sind, haben Burschen schlechte Chancen, ihre männliche Identität zu entwickeln. Diese aber ist unverzichtbar für Selbstbewusstsein und Herzensbildung. Wovon letztlich auch wir Frauen profitieren.

Von mir aus kann #MeToo jetzt gerne weg, es ist höchste Zeit für ein #WeDo.
 

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Über den Autor / die Autorin

Thomas M. Eppinger

Thomas Eppinger ist davon überzeugt, dass alle Menschen mit unveräußerlichen Rechten geboren sind, zu denen das Recht auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören. Daraus ergab sich alles andere, auch diese Website.
Der Publizist ist 1961 in Vöcklabruck geboren, lebt heute in Graz und arbeitet in Wien als Lead Editor bei »Der Pragmaticus«. Davor leitete er den unabhängigen Nahost-Thinktank Mena-Watch.

14 comments

  • Endlich! Ein intelligenter, differenzierter Beitrag zum ganzen #metoo Hype- DANKE! Es ist wirklich grotesk. Aber man bzw. (auch) Frau hyperventiliert lieber über einen Pfiff, als sich der grauenhaften, leidvollen Realität echter sexueller Gewalt zu stellen.

  • Sie spricht auch nicht von einer ” einheitliche mentale Grundausstattung” sondern von der mentale Grundausstattung eines Mensche. Die kann unterschiedlich ausgeprägt sein.

  • Kate Andrews, Nachrichtenredakteurin am Institute of Economic Affairs, sagte: “Die Kampagne zum Equal Pay Day bringt berufstätige Frauen nicht voran; schlimmer noch, sie scheint die großen Erfolge zu verschleiern, die Frauen (…) hatten. Wir haben Beweise dafür, dass junge Frauen, die in den Arbeitsmarkt eintreten, allen Grund zu der Annahme haben, dass sie für gleiche Arbeit gleich bezahlt werden. Dennoch werden sie mit aufgeblasenen und manipulierten Statistiken bombardiert, die sie sich hilflos fühlen lassen. (…) Das ist das genaue Gegenteil von Empowerment.”

    https://www.express.co.uk/news/uk/877679/Gender-pay-gap-report-institute-economic-affairs-study-bbc-women-men

    (Übersetzt mit http://www.deepl.com/translator)

    Genauso hilfreich scheint es mir zu sein das man Frauen erzählt das in jedem Bereich, in dem Männer die Mehrheit bilden, der übelste Sexismus herrscht und es die Hölle auf Erden für Frauen ist dort zu arbeiten oder mitzuspielen… um dann zu fordern das der Frauenanteil dort erhöht werden muss. Welch eine Motivation für Frauen!

    Oder wie Anne Wizorek 2013 sagte:

    “Viele Frauen wehren sich schon allein dadurch, dass sie jeden Tag trotzdem noch auf die Straße gehen anstatt sich zuhause zu verbuddeln. Für ganz viele Frauen ist es extrem schlimm einfach schon auf die Straße zu gehen.”

    Frauen werden regelrecht viktimisiert.

    Oder dieser Fall hier. Da hatte irgendein Sportstudentenpaar wilden, harten Sex in ihrem Wohnzimmer und irgendein Voyeur hat es gesehen und den Mann dann wegen Vergewaltigung angezeigt. Die Freundin widersprach, sagte klipp und klar das sie nicht vergewaltigt wurde, das sie auf wilden, harten Sex steht. Das war der Universität und ihren Kangaroo-Courts egal. Der Mann war fortan ein Vergewaltiger und der Frauen ein Vergewaltigungsopfer. Bloß eine Vergewaltigung gab es nicht, aber es macht eben immer einen guten Eindruck wenn man möglichst viele Täter einbuchtet.

    Empowerment geht anders…

  • Ich denke mal, gemeint ist der Satz mit Gänsefüßchen:
    Lasst es nicht zu, dass “typisch männliche” Tugenden wie Aggressivität, Mut und Durchsetzungsvermögen zunehmend negativ etikettiert werden.

  • Das haben Sie falsch verstanden, da steht etwas anderes: Die _Ideologie_, die Frauen als stets friedfertig darstellt, ist kritisch zu hinterfragen.

  • Danke! Eine Sache die mir abgeht ist in der hiesigen Didkussion, dass der Medieneinfluss kaum genannt wird. Gewaltpornografie gibt es frei Haus – jedes Kind mit Smartphone hat Zugang! Erschreckend dass dies für Kinder zur heutigen Sexualaufklärung dazugehört! Zu glauben dass hätte keinen Einfluss auf das Sozialverhalten ist naiv!

  • Zitat: “Meiner Meinung nach gehört es zur mentalen Grundausstattung jeder Frau, einen Mann, der plumpe Annäherungsversuche startet, verbal in die Grenzen zu weisen oder auf einen blöden Spruch schlagfertig zu kontern.”

    Es gibt keine einheitliche mentale Grundausstattung von Menschen.

    Und es gibt nun mal schüchterne – eingeschüchterte – Menschen, die keinen lockeren Spruch auf den Lippen führen (können). Wobei ein Spruch oder ein hartes Knie nicht nötig wären, wenn der Gegenpart sich nicht daneben benommen hätte. Das gilt übrigens für alle Lebenslagen. Nennt man Höflichkeit und Respekt. Und die sind Erziehungssache durch Vorleben.

  • Ich finde alles gut, und ich verstehe alles Geschriebene. Sie haben sich wirklich bei jedem Wort etwas gedacht.
    Ich bin auch Opfer, Vater und Mutter haben weggesehen während beide zu gleichen Teilen anders, getrennt von einander aktiv waren.
    Trotzdem: es muss in der breiten Öffentlichkeit diskutiert werden – es muss auch diskutiert werden, dass eine Frau wegen einer schlechten Anmache deswegen glaubt zum Anwalt rennen zu müssen und es soll ihr gestattet sein. Erst wenn es in der breiten Masse diskutiert wird findet eine Sensibilisierung statt und das bedeutet auch, dass die Extreme diskutiert werden, der tatsächliche körperliche sexuelle Missbrauch und die blöde Anmache. Dass das nicht das Selbe ist, ist jedem klar denke ich – und das die Männer, genauso wie wir Frauen Stellung dazu beziehen müssen/sollten fehlt mir leider in dieser Schrift völlig. Denn leider ist es so wie Sie sagen: der Weg vom Gewaltakt über den Amtsarzt, der Polizei bis vor Gericht ist ein langer und retraumatisierender, ich habe dort (bis auf der Polizeistation, da habe ich eine Frau verlangt) ausschließlich Männer vorgefunden die mit diesem Thema nicht professionell umgegangen sind. Gut, wenn alles diskutiert wird. Und gut, wenn Männer und Frauen darüber nachdenken, wo ihre eigenen Grenzen liegen. Die eine mag das Popschigrapschen und sieht es als Kompliment, die Anderer rennt zum Anwalt deswegen. Gut, dass wir nicht mehr in den 70ern leben wo das nicht diskutiert wird.
    nochmal: ich finde alles gut. Wenn aus dem metoo und dem menot ein wedo wird – dann ist das eine gute Sache, aber ohne Sensibilisierung in alle Richtungen wird es wohl kein reflektierte Entwicklung geben – das weiß man, und das wissen Sie selbst auch, sonst würden Sie nicht so reflektiert schreiben.
    Alles Liebe Ihnen und schön, dass Sie im sozialen Beruf gelandet sind. Und bitte, ermutigen Sie Ihre Klienten und geben Sie Ihnen das nötige Werkzeug um das durchzustehen und zwar mit erhobenen Haupt.

  • Leider werden auch in dieser Debatte die Begriffe (und damit die Handlungen) bis ins Unerträgliche verwässert und absolut inflationär eingesetzt. So entsteht ein unerträglicher Einheitsbrei von Urteilen, die als Vorurteile im Stammtischkosmos der Massenmedien zirkulieren und eine differenzierte Auseinandersetzung schier unmöglich machen. Wie bei Terrorismus, Judenhass oder Masseneinwanderung auch.

  • Tja, so ist das in unserer Zeit. A) Wenn was mehr als drei Wochen geht, schwinden die Sympathien und beginnt’s zu nerven, möchte man dann doch wieder was anderes. Also bitte weg damit. – Ist mir echt zu billig (auch wenn ich der Frau in vielem recht gebe!): Wenn Debatten in die falsche Richtung laufen (Stichwort: Frau als Opfer), dann muss die Richtung korrigiert werden, nicht die Debatte abgeschafft! Und um ein #wedo endlich in Angriff zu nehmen, braucht es ein #metoo (um die zwei Hashtags zu verwenden, die natürlich NIE die gesamte Bandbreite der Problematik – die ja von verbalen Übergriffen bis zu sexuellem Missbrauch geht – adäquat spiegeln können; meine Güte: ein #hashtag, soweit sind wir schon!). 2. Wenn die mediale Berichterstattung einseitig ist – interessant auch hier die Reduktion auf „hilflose Hascherln“–, dann ist diese Einseitigkeit zu bekämpfen und nicht die Berichterstattung einzustellen. C) Je öfter ich den Text lese, desto mehr fällt mir auf, dass er Frauen kritisiert für – ich verkürze jetzt – ihr nicht Wehren, ihr nicht Mitteilen, ihre Erziehungsansichten … Kurzum: Der Beitrag einer Betroffenen, den es zu respektieren gilt, der wertvollen Input liefert. Aber bitte: Ende der Debatte? Als echt jetzt? – Von mir ein klares: NEIN!

  • Zitat 1: “Die Weiblichkeits- und Mütterlichkeitsideologien, die die Frau als das friedfertige Geschlecht darstellen, sind also definitiv kritisch zu hinterfragen.”
    Zitat 2: “Lasst es nicht zu, dass typisch männliche Tugenden wie Aggressivität, Mut und Durchsetzungsvermögen zunehmend negativ etikettiert werden.”

    Es gibt also typisch männliche Tugenden, zu denen Aggressivität gehört, aber die friedfertige Frau ist eine kritisch zu hinterfragende Ideologie?

    Der Artikel wäre eine gute Diskussionsgrundlage, würden diese beiden Sätze ihn nicht völlig in Frage stellen. Schade,,,

  • Ganz herzlichen Dank!
    Ich bin eine von den zwei von drei Frauen in Österreich, die noch niemals mit sexueller Belästigung zu tun hatten — und als „MeNot”-Frau hatte ich bisher eine gewisse Scheu davor, den #MeToo-Frauen Sätze zuzurufen wie: »Meiner Meinung nach gehört es zur mentalen Grundausstattung jeder (erwachsenen) Frau, einen Mann, der plumpe Annäherungsversuche startet, verbal in die Grenzen zu weisen oder auf einen blöden Spruch schlagfertig zu kontern.« oder gar: »Lasst es nicht zu, dass typisch männliche Tugenden wie Aggressivität, Mut und Durchsetzungsvermögen zunehmend negativ etikettiert werden.«
    Umso froher und dankbarer bin ich, diese und noch mehr mir aus dem Herzen gesprochene Sätze von „berechtigter“ Seite geäußert zu finden.
    Danke!