DIE USA WERDEN ASIATISCHER

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Einwanderungsland USA

Während Europa mit einer Flüchtlingswelle aus den arabischen Staaten, dem Balkan und aus Afrika konfrontiert wird, entwickelte sich die USA in den letzten Jahren in eine ganz andere Richtung.

Mit mehr als einer Million Einwanderer und Flüchtlinge pro Jahr zeigt die USA immer noch eine große Aufnahmebereitschaft, veränderte jedoch in den letzten zehn Jahren still und heimlich durch restriktive Maßnahmen gegenüber bestimmten Ländern die Nationalitäten der Zuwanderer – eine Entwicklung, die sich unter dem neuen Präsidenten Trump noch verschärfen wird.

Experten rechnen, dass die Bevölkerung in den nächsten 50 Jahren von derzeit 330 Millionen auf über 440 Millionen wachsen könnte. Größte Gruppe neben der sogenannten ‚weißen’ Bevölkerungsgruppe, die dann weniger als 50% ausmachen wird, könnten Amerikaner sein, die aus Asien zugewandert sind – vor allem aus China, Indien, Vietnam und Süd-Korea. Zweitgrößte Gruppe werden Immigranten aus Mittel- und Südamerika sein, jedoch geht deren Anteil von Jahr zu Jahr zurück.

Friss Vogel oder stirb

Die USA betreiben dabei eine besondere Form der Integrationspolitik – nach dem Motto: Friss Vogel oder stirb. Der Mangel an Unterstützung für Einwanderer und Flüchtlinge – es gibt kaum finanzielle oder sonstige Hilfe – zwingt sie, ihr Schicksal selbst in die Hände zu nehmen und erstaunlich viele aus Asien schaffen das. Das beginnt schon bei den Sprachkenntnissen. Während über 80 Prozent der Immigranten aus Asien kaum Englisch sprechen, beherrschen es ihre Kinder innerhalb kürzester Zeit und die dritte Generation spricht oft kaum mehr die Sprache der Großeltern. Der Druck kommt meist aus den Familien selbst, wo die Kinder gedrängt werden, auch zu Hause Englisch zu sprechen. Dadurch haben Kinder aus asiatischen Familien einen entscheidenden Vorsprung im Vergleich zu anderen Einwanderern, der sich später auf Hochschulen und Universitäten zeigt.

Zwischen dem Jahr 2000 und 2015 stieg der Anteil der Kinder aus ausländischen Familien mit einem Universität-Abschluss auf über 25 Prozent. Bildung wird für die Zuwanderer aus Asien zum wichtigsten Integrations-Faktor. Untersuchungen zeigen, dass selbst asiatische Einwanderer mit geringem Bildungsniveau all ihre Energie und Mittel dafür einsetzen, dass ihre Kinder studieren können.

Erfolgreiche Asiaten

Auf manchen technischen Hochschulen beträgt der Anteil der Absolventen mit asiatischer Herkunft mehr als 40 Prozent. Im ‚Chicago Symphony Orchestra’ mit dem weltberühmten Direktor Ricardo Muti kommt ein Drittel der Geigenspieler aus asiatischen Einwanderer-Familien. Unter den Hochschulabsolventen, die nicht in den USA geboren waren, kamen letztes Jahr 54% aus Asien, 40% aus Europa und 12% aus Mittel- und Südamerika.

Ein ähnlich positives Bild zeigt die Statistik über die Kriminalität. Unter den Männern aus asiatischen Ländern im Alter zwischen 18 und 40 beträgt die Kriminalität nur etwa ein Viertel aller anderen Amerikaner. Wohngegenden, in denen sich Immigranten aus Asien konzentrieren, gehören zu den sichersten in den USA. Integrationsprobleme aus religiösen Gründen existieren nicht.

Neben dieser Form des legalen Bevölkerungswachstums leben jedoch ca. 10 bis 15 Millionen illegale Einwanderer in den USA, hauptsächlich aus Mexiko und Mittel-Amerika. Hier prallen die politischen Meinungen aufeinander von dem Vorschlag Obamas, sie durch einen Gesetzesentwurf zu legalisieren, bis zur Forderung Präsident Trumps, sie sofort auszuweisen.

Einwanderer und Flüchtlinge aus Asien haben sich erfolgreich einen Platz in der amerikanischen Gesellschaft erobert und werden in den nächsten Jahrzehnten vor allem die Machtstruktur in Politik und Wirtschaft entscheidend verändern. Gelungen ist ihnen dies allerdings nicht durch aufwendige Integrations-Programme sondern aus eigener Kraft.

Über den Autor / die Autorin

Peter Sichrovsky

Klassische Dilettanten-Karriere, wenig von viel und viel von wenig zu wissen, zu können, nach Studium der Chemie Marketing in Pharmaindustrie, dann Journalist, Schriftsteller, Mit-Gründer des Standards, SZ/Stern Korrespondent in Asien, EU-Parlamentarier, die letzten zehn Jahre Industrie-Karriere in Süd-Ost-Asien, 23 mal übersiedelt und nach Wien, Berlin, New York, München, New Delhi, Singapur, Hong Kong, Manila, Los Angeles und Brüssel in Chicago gelandet. Seit September 2017 lebt Peter Sichrovsky in London.

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5 comments

  • Lesen Sie es in Ruhe noch einmal… nirgends steht geschrieben, dass der Zuwachs ausschließlich Zuwanderer sind, im Gegenteil, es wird sogar extra auf die ‘weiße’ Bevölkerungsgruppe Amerikas verwiesen und dann auf die Zuwanderer aus Asien… bei den ‘Weißen’ kommt das Wort Zuwanderer nicht vor, erst als Hinweis bei den Asiaten…falls Ihnen das im Sinne der Neuverwendung des Wortes ‘postfaktisch’ vorkommt, bin ich auch zufrieden, es soll ja Fakten geben, die immer noch mit der Post kommen…

  • D.h. von 110 Mio. kommen 50 Mio. von der Zuwanderung. Der Artikel ist aber so geschrieben, dass der Leser meinen könnte, 110 Mio. sei die Zuwanderung. Das ist postfaktisch. Oder unsachlich, wenn Dir das lieber ist.

  • Ob man einen Zuwachs von einer Million Einwanderern pro Jahr als “große Aufnahmebereitschaft” bezeichnen kann, mag jeder beurteilen wie er will.

    Fakt ist, dass die amerikanische Bevölkerung (ca. 325 Mio EW) 2016 um insgesamt um rd. 2,4 Mio. Menschen gewachsen ist, davon entfallen rd. 1,4 Mio. auf natürliches und rd 1 Mio. auf migrationsbedingtes Bevölkerungswachstum. Nachzulesen im Detail zB hier:
    http://countrymeters.info/de/United_States_of_America_(USA)

    In die Europäische Union (rd. 510 Mio EW) wanderten 2014 rd. 1,6 Millionen aus Drittstaaten ein. Um diese Zahl mit jener der USA zu vergleichen, muss man sie um die Auswanderer aus der EU in Drittländer bereinigen. Offizielle Angaben von 2016 habe ich nicht parat. Angaben hierzu unter anderem hier:
    http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Migration_and_migrant_population_statistics/de

    Der Schluss liegt jedenfalls nahe, dass die EU pro Kopf nicht wesentlich mehr Einwanderer aufnimmt als die USA.

    Eine Bevölkerung verändert sich nicht nur durch Migrationsströme. Das natürliche Bevölkerungswachstum ist in Amerika deutlich größer als in der EU. Wenn man die Zahlen von 2016 zugrunde legt (+2,4 Mio EW), scheint die Prognose einer Zunahme von 110 Millionen innerhalb von 50 Jahren absolut realistisch und eher konservativ geschätzt zu sein.

    Die inkriminierten Zahlen sind also allesamt gesichert und belegbar. Postfaktischer Journalismus sieht anders aus.

  • Wir wohnen momentan in China und aus eigener Erfahrung bisher kann ich nur verstehen, warum die Integration so erfolgreich ist. Chinesen sind kulturell nicht auf Konfrontation aus, respektieren den Raum des anderen und überhaupt nicht aggressiv. Das ist sehr angenehm und entgegen aller vorherigen vorbehalte sind wir zu China Fans geworden. Das ist aber eine ganz persönlich auf eigenen Erfahrungen berührende Meinung, die nicht wissenschaftlich angehaucht ist.

  • “Mit mehr als einer Million Einwanderer und Flüchtlinge pro Jahr zeigt die USA immer noch eine große Aufnahmebereitschaft”. Das Bild kann ich nicht teilen. Das sind gerade mal 0,3% der Bevölkerung. Und 50 Millionen in 50 Jahren, nicht 110.
    Aber ich verstehe, das ist der neueste Tend: postfaktischer Journalismus.